Bekleidungsfragen in der Reiterei

Stil-, Geschmack- und Bekleidungsfragen in der Reiterei

Graf C.G. Wrangel, 1920

Deren Beobachtung den Neuling vor dem Spott der meist sehr boshaften Reitergilde schützen, dürften meinen Lesern willkommen sein. Ich lasse dieselben deshalb hier einfließen.

Mit den für die Ausrüstung des Pferdes geltenden Regeln beginnend kann ich nicht nachdrücklich genug betonen, dass jeder noch so unbedeutende Flitter und Zierrat den Reiter in den Augen des Fachmannes lächerlich macht. Es streitet also gegen den guten Geschmack, allerhand Bandwerk und Aufputz an dem Zaum anzubringen, auf einem gesteppten Sattel zu reiten, bunte oder gar mit Stickereien versehene Satteldecken aufzulegen, zum zivilen Reitzeug militärische Ausrüstungsgegenstände zu gebrauchen usw. Das Reitzeug des zivilen Reiters kann nur, wenn es in allen Einzelheiten den Beweis liefert, dass es aus einer guten Werkstatt hervorgegangen und fachmännisch behandelt wird, korrekt genannt werden.

Das einzige was an dem Sattelzeug glänzen darf, ist das Gebiss und die Bügel. Der Zaum bestehe aus braunem, ziemlich breit geschnittenem Leder. Die Stangen und Trensenzügel haben nunmehr meistens dieselbe Breite. Der Sattel, wenn möglich, mit Passiers Marke. Eine Sattelunterlage ist nicht unbedingt notwendig, wird aber eine solche benützt, so soll dieselbe aus Leder wie bereits erwähnt, oder, aus Filz bestehen. Bunte Sattelgurte sind verpönt. Die Steigbügel sind leicht, aus plattiertem Stahl oder nickelgeschmiedet. Wann und wie der Sprungriemen benutzt wird, ist im vorstehenden bereits ausführlich beschrieben worden, die meist schonungslose Kritik des Fachmannes herausfordert.

In Betreff der Kleidung werden seitens der Sonntagsreiter vielfach ungemein komische Missgriffe begangen. Meistens rekrutieren dieselben aus der kindischen Sucht, auch zu Fu?, ja vor allem zu Fu?, den kecken Reitermann herauszukehren. In England, wo nahezu für jeden Sport eine eigene Tracht vorgeschrieben ist, unterscheidet man scharf zwischen der für den Reitgebrauch in der Stadt und der fürs Reiten auf dem Land passenden Kleidung. Darin haben die Engländer auch vollkommen recht. Wir passen uns diesen Vorschriften heute mehr und mehr an.

 

Über die Frisur und den Hut noch ein Wort. Die Frisur ist so einfach und fest wie möglich unter einem Netz zu halten. Unterlagen lasse man weg, ebenfalls alle Locken und Löckchen, mögen Sie auch noch so niedlich kleiden. Die Dame, die sich noch nicht ihres Haarschmuckes beraubt und sich einen Bubikopf hat schneiden lassen, verfährt am praktischsten so, dass sie von Stirn bis Nacken das Haar in zwei Hälften teilt und dann zwei Zöpfe flicht, indem sie links beginnend zwei Finger breit vom Nacken nach rechts und danach rechts ebenfalls zwei Finger breit nach links flicht. Darauf wird der rechte Zopf flach und fest nach links, der Linke nach rechts gelegt und festgesteckt. Über das ganze ein starkes Haarnetz, das mit den letzten Nadeln befestigt wird.

Der Hut ist für offizielle Gelegenheit der Zylinder, in allen anderen Fällen der "Melon". Rein stilgerecht ist der runde Hut, wenn er einen schmalen , hochgezogenen Rand hat, dieser ist aber bei Ritten im Gelände und auf dem Lande unpraktisch, denn er schützt die Augen besonders im Frühling und Herbst bei schräg stehender Sonne nicht, die Dame wähle also zum Reiten im Gelände einen Hut mit breiter, flacher Krempe, nicht weil das zur Zeit Mode ist, sondern weil er in der Tat sehr viel praktischer ist. Der Hut hat hinten ein Gummiband zur Befestigung um den Haarknoten; er hat ferner ein Gummiband, das unter gewöhnlichen Verhältnissen innen hineingelegt wird, bei Wind oder beabsichtigten Ritten in dauernd schärferer Gangart unter das Kinn gelegt wird.